Beschluss der Gläubigerversammlung sticht vorherige Kündigung
Mit einem soeben veröffentlichten Urteil vom 08.12.2015 unterstreicht der BGH den Anspruch des Schuldverschreibungsgesetzes (SchVG), die Gläubiger einer Anleihe in der Krise des Schuldners gleich zu behandeln.
Ein Beschluss der Gläubigerversammlung gilt danach auch für diejenigen Gläubiger, die die von ihnen gehaltenen Teilschuldverschreibungen zuvor gekündigt haben. Sehen die Anleihebedingungen vor, dass Mehrheitsbeschlüsse der Gläubiger für alle Gläubiger derselben Anleihe gleichermaßen verbindlich sein sollen, ändert sich an der Gläubigerstellung durch eine Kündigung nichts. Auch im Fall einer außerordentlichen Kündigung der Schuldverschreibung bleibt dessen Inhaber Gläubiger des Emittenten, bis dieser die Forderung vollständig erfüllt hat. Erst dann ist das Schuldverhältnis endgültig beendet. Die Kündigung der Schuldverschreibung dient nur dazu, die Fälligkeit der darin verbrieften Forderung herbeizuführen und dadurch den Leistungszeitpunkt festzulegen oder vorzuverlegen. Inhalt und Umfang der in der Schuldverschreibung verbrieften Forderung im Übrigen bleiben dagegen durch die Kündigung unberührt.
Nach Ansicht des BGH ergeben sich aus den Vorschiften des Schuldverschreibungsgesetzes keine Anhaltspunkte dafür, dass der Fälligkeitszeitpunkt für deren Anwendbarkeit relevant wäre. Ganz im Gegenteil spräche die Regelung in § 5 Abs. 5 SchVG für eine Anwendbarkeit des Gesetzes auch nach einer Kündigung der Anleihe. Das ergäbe sich auch aus Sinn und Zweck dieses Gesetzes. Es diene dem Ziel, die Gläubiger einer Anleihe in der Krise des Schuldners auf der Grundlage vollständiger und richtiger Informationen sowie in einem geordneten, fairen und transparenten Verfahren an dessen vorinsolvenzrechtlicher Sanierung gleichmäßig zu beteiligen. Mit diesem Gesetzeszweck wäre es nicht zu vereinbaren, wenn Gläubiger, die die Schuldverschreibung vor der Beschlussfassung durch die Gläubiger oder sogar noch bis zum Vollzug eines solchen Beschlusses gekündigt haben, die Verbindlichkeit dieses Beschlusses nicht gegen sich gelten lassen müssten. Ohne eine Beteiligung aller Gläubiger und einen kollektiven Forderungsverzicht würden der Erfolg der Sanierungsbemühungen nachhaltig gefährdet und sollte eine solche "Ausstiegsmöglichkeit" eröffnet sein das Schuldverschreibungsgesetz seine praktische Bedeutung verlieren.
Der BGH unterstreicht den Gleichbehandlungsgrundsatz aller Gläubiger untereinander. Damit erleichtert er die Anstrengungen der betroffenen Gläubiger, die sich gegen gelegentlich zu beobachtende Einflussnahmversuche einiger "aktiver" Gläubiger und Interessengruppen wenden.
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Düsseldorf, den 10.02.2016
Jens Graf, Rechtsanwalt
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Fakten zu Jens Graf Rechtsanwälte
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